Gladbeck / Rostock – Ein neuer Hochschulcampus für Studierende, die auf die Arbeit bei der Bundeszollverwaltung vorbereitet werden, entsteht zurzeit in Rostock-Lichtenhagen. 600 von ihnen sollen hier ab März 2026 studieren und wohnen können. Der autofreie, begrünte Campus wird später auch den Bürgerinnen und Bürgern der Nachbarschaft offenstehen. Ein besonderes Merkmal des Projektes ist der nachhaltige Bauansatz: Rund 1.100 Holzmodule aus der Fertigung der Kaufmann Bausysteme GmbH wurden hier verarbeitet. Das Unternehmen entwickelte gemeinsam mit der DEUTSCHEN ROCKWOOL ein Abschottungssystem für haustechnische Leitungen im Holzbau.
Lediglich für die Unter- und Erdgeschosse sowie die Treppenräume des zentralen Hochschulgebäudes und der beiden Wohngebäude wurde Stahlbeton verarbeitet. Die Obergeschosse entstanden in Holzmodulbauweise. Geplant wurde der Campus vom Architekturbüro Sauerbruch Hutton, das bereits über Erfahrungen im Holzbau verfügte. Mit seiner Bruttogeschossfläche von rund 50.000 m² galt das Projekt bei Baubeginn als das größte in Holzmodulbauweise in Europa. Statik und Ausführungsplanung ebenso wie sämtliche Bauleistungen wurden und werden von den Generalübernehmern, der Kaufmann Bausysteme GmbH aus Österreich und der PRIMUS developments GmbH aus Hamburg, erbracht.
Modulfertigung vor Ort
641 der insgesamt rund 1.100 Holzmodule wurden im Rostocker Stadtteil Hinrichsdorf, ganz in der Nähe der Baustelle, gefertigt. Die Kaufmann Bausysteme GmbH, ein Holzmodulbauunternehmen mit jahrelanger Erfahrung, hatte hierzu eine Produktionsstraße in einer leerstehenden Industriehalle eingerichtet. So konnten zahlreiche Handwerksunternehmen aus der Region an der Montage und dem Ausbau der Wohnmodule mitwirken. Bis zu 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Reihen der Kaufmann Bausysteme waren von Oktober 2024 bis März 2025 vor Ort. Gestapelt wurden die hier gefertigten Module zu zwei siebengeschossigen Wohngebäuden mit Aufenthaltsbereichen und Studentenapartments für bis zu 620 Bewohner.
Zertifiziertes Holz
Wände, Böden und Decken der Module bestehen aus Brettsperrholzplatten. Zu deren Herstellung wurde ausschließlich Holz aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung verwendet. Allein die verbauten Bodenplatten würden eine Fläche von 21.000 m² bedecken. „Dieses Projekt ist das bisher größte in der Firmengeschichte“, erklärt Geschäftsführer Christian Kaufmann, „und wir sind stolz, mit der baustellennahen Produktion einen besonders sicheren und nachhaltigen Prozess erfolgreich umgesetzt zu haben.“ Zeitgleich wurde auf der Fertigungsstraße an 36 Modulen gearbeitet. Bis zu zehn pro Tag verließen – verteilt auf fünf Transporte – das Werk in Richtung der etwa 13 km entfernten Baustelle. Die eintreffenden Module wurden dort jeweils sofort eingehoben, die haustechnischen Leitungen gekoppelt.
Abschottung in CLT-Decken
Wie häufig im Modulbau wurden für die haustechnischen Installationen in den beiden Wohngebäuden keine klassischen Installationsschächte vorgesehen. Sämtliche Steig- und Fallstränge wurden auf der späteren den Fluren zugewandten Seite der Module geführt, mit F 30 Schachtwänden in Trockenbauweise abgeschlossen und vom Flur getrennt. Eine Brandausbreitung über die Stränge wird durch die Kombination von Rohrdämmung und Abschottungen aus Steinwolle für die geforderte Feuerwiderstandsklasse verhindert.
Zum Einsatz kam ein System, dass die Kaufmann Bausysteme GmbH gemeinsam mit der DEUTSCHEN ROCKWOOL für die Abschottung von Leitungssystemen in Wänden und Decken entwickelt hat. Hendrik Reichelt, Entwicklungsingenieur der Kaufmann Bausysteme, fasst zusammen: „Wir arbeiten mit der ‚Conlit 150 U‘ Brandschutzschale, die wir in passgenau gefrästen Bohrungen in CLT-Deckenelemente einbauen.“ Für den Hochschulcampus in Rostock wurden 120 mm dicke Platten verarbeitet. Damit wird Brandschutz F 90 erreicht.
Das Allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnis (abP) für das „Conlit“ Abschottungssystem sowie weiterführende Brandprüfungen umfassen CLT-Decken in einer Dicke von 60 mm für die Anforderung F 30 sowie in Dicken von 100 bzw. 120 mm für die Anforderungen F 60 bzw. F 90. Die haustechnischen Leitungen werden in der Modulproduktion so eingebaut und vorgerüstet, dass sie nach dem Zusammenfügen der Module auf der Baustelle mehr oder weniger im „Plug-and-play“-Verfahren verbunden werden konnten.
Schneller planen
Dank des abP, der gemeinsam durchgeführten Brandprüfungen und der damit zugelassenen Lösung für die nichtbrennbare Dämmung und Abschottung haustechnischer Leitungen sei Kaufmann Bausysteme in der Lage, sehr kurzfristig den Leitungsanlagenbau in Gebäuden jeder Größe zu planen, erklärt Reichelt. Als gute Basis für die objektspezifische Planung und Anwendung hatten sich Anwendbarkeitsnachweise und Prüfergebnisse für das „Conlit Brandschutzsystem“ erwiesen. Sie lagen nach Normbrandversuchen an Massivholz- und Holzbalkendecken sowie an Holzständer- und Massivholzwänden seit 2017 vor.
Endmontage leicht gemacht
Die genauen Schachtbohrpläne, gemäß derer die CLT-Holzelemente bereits in Österreich vorbereitet wurden, erstellte Kaufmann Bausysteme auf der Basis des abP so, dass die Verlegung mit möglichst geringem Abstand zwischen den Leitungen erfolgen konnte. In Rostock wurden die Leitungen, ihre Dämmung („ROCKWOOL 800“) und die „Conlit 150 U“ Brandschutzschale als Abschottung eingebaut. Die Leitungen später von Modul zu Modul vor Ort miteinander zu verbinden und die Dämmung weiterzuführen, falle leicht, berichtet Projektleiter Sandro Bischof: „Die Installateure konnten bis zu 16 Module pro Tag anschließen und der Trockenbauer danach sofort die Verkleidung der platzsparend installierten Leitungen einbauen.“
Verlegung im Nullabstand
Das „Conlit“ System gestattet die Verlegung von brennbaren und nichtbrennbaren Leitungen notfalls im Nullabstand – eine wichtige Offerte für die Ingenieure von Kaufmann Bausysteme, wie Hendrik Reichelt erklärt: „Wir verlegen Leitungen natürlich aus Platzgründen am liebsten mit sehr geringen Abständen. Deshalb ist das mit Nullabstand geprüfte ‚Conlit‘ Brandschutzsystem von ROCKWOOL für uns ideal. Wir können unsere Lösung nahezu unbegrenzt einsetzen und geprüfte Sicherheit bieten. ROCKWOOL hat uns ausgezeichnet unterstützt und den Weg frei gemacht für eine automatisierte Vorfertigung von Modulen, in deren Decken die Abschottungen vor der Verladung bereits mit eingebaut werden. So haben wir die vollständige Kontrolle über die Qualität der Abschottung und müssen keine Zeit für Abschottungsarbeiten auf der Baustelle einplanen.“
Breite Anwendbarkeit
Um Planer und Verarbeiter abzusichern, habe ROCKWOOL inzwischen zahlreiche Lösungen mit dem „Conlit“ System in Massivholz- und Holzbalkendecken sowie an Massivholz- und Holzständerwänden der Feuerwiderstandsklassen R 30 bis R 90 beziehungsweise S 30 bis S 90 durchgeführt, erklärt Dipl.-Ing. Harald Heermann. Er ist verantwortlicher Produktmanager Haustechnik / Conlit Brandschutz. Nicht zuletzt der Anwendbarkeitsnachweis für eine Verlegung diverser mit „Conlit“ abgeschotteter Leitungen in Holzbauteilen und im Nullabstand erweise sich immer wieder als nützlich für Kunden.
„Die DEUTSCHE ROCKWOOL engagiert sich stetig dafür, dass die formale Abnahme des Brandschutzes im Holzbau weiter erleichtert wird“, so Heermann. Prüfungen für eine Vielzahl von Holzbauteilen belegten eindeutig, dass die „Conlit“ Systeme eine verarbeitungsfreundliche und sichere Alternative sind zu Abschottungen mit Auslaibung und Mörtelverguss. „Die Produkte des ‚Conlit Brandschutzsystems‘ sind nicht nur seit Jahrzehnten in der Praxis bewährt, sondern inzwischen auch in diversen objektspezifischen Anwendungen wie denen von Kaufmann Bausysteme geprüft worden“, unterstreicht Heermann.
Rohrschalen aus Steinwolle
Die weiterführende Dämmung auf z. B. Edelstahlrohren, die durch die Module für den Rostocker Hochschulcampus verlaufen, wird mit der „ROCKWOOL 800“ ausgeführt. Diese Dämmschale wird ebenso wie die Brandschutzschale „Conlit 150 U“ einfach über warmgehende Leitungen gestülpt und verschlossen. Für kaltgehende Leitungen bietet ROCKWOOL das „Teclit“ Dämmsystem mit alukaschierten Rohrschalen an.
„Dadurch, dass auf der Baustelle nur noch minimale Arbeiten an der Installation und Dämmung vorgenommen werden mussten, waren wir nicht nur schnell, sondern konnten auch das Fehlerrisiko deutlich minimieren“, fasst Reichelt zusammen. „Je höher der Grad der Vorfertigung, desto höher die Chance, wirklich gleichbleibend beste Qualität zu erreichen, so unsere Erfahrung.“
Bautafel: